Mittwoch, 8. August 2012

Delta Standplätze

Die Sonne stand senkrecht über dem Flughafen. Das Wetterbüro meldete 34°C, das Anzeigeinstrument des Airbus' 42°C. Auf der gegenüberliegende Seite waren die Fenster des Ausschaffungsgefängnisses weit geöffnet, die Insassen lagen wie tote Fliegen auf ihren Pritschen. Die Schulkinder hatten Hitzefrei und die Mütter kauften Eis in rauen Mengen. Nur eine Dame fror am Flughafen, es war TWRMädel, das an diesem sonnigen Tag zusammen mit Katharina Dienst hatte und ihren Faserpelz um die kalten Nieren schlang. Im Tower herrschten kühle 19°C und einzig die Nespresso-Maschine spendete etwas Wärme.

JoBo wartete auf D06 auf die Passagieren. D06 war ein Parkplatz auf der Strafbank des Flughafens. Wer artig war bekam einen Parkplatz an einem der grossen Terminals zugewiesen. Auffällige wurden am "Delta" parkiert, die Standplätze "Charlie" und "Foxtrott" kamen einer Isolationshaft gleich. Weit und breit keine Klimaanlage und die Weisung, dass die Hilfsturbinen aus Klimaschutz- (offiziell) bzw. aus Kostengründen (naheliegend) nicht unnötig lange laufen gelassen werden sollen.
Keine Hilfsturbine, keine Klimaanlage!

Vor dem Cockpitfenster dröhnte der Hilfsdiesel, der das Flugzeug mit Strom versorgte. Er stiess einen dicken und pechschwarzen Rauch aus, der die CO2 Bilanz offensichtlich nicht belastete, aber Lärm machte wie ein Dampfhammer im Strassenbau. Das dröhnende und rauchende Ungetüm hatte zur Folge, dass die Cockpitfenster nicht geöffnet werden konnten und das etwas kühlende Lüftchen ausblieb.

Als die Airbusanzeige 43°C anzeigte, startete JoBo das Hilfstriebwerk. Ein leichtes Summen im Heck des Flugzeugs zeugte davon, dass Kerosin mit einer Rate von 200kg/h zur Hebung der Stimmung und zur Senkung der Temperatur investiert wurde. Nach 60 Sekunden deutete ein klicken eines Relais und das kurzzeitige Erlöschen des Bordlichts an, dass die Hilfsturbine Strom lieferte und bereit ist, JoBo's Achselschweiss zu stoppen. Er drückte den erlösenden Knopf und sogleich flatterte der Ärmel seines durchgeschwitzten Hemds im kalten Luftzug. Aus der Kabine kamen dankende Worte und es wurden die Augenlider mit Mascara nachgezogen, weil die ersten zwei Schichten Opfer der eigenen Körperflüssigkeit wurden. JoBo nahm wieder auf seinem Sitz Platz und schaute auf den Tarmac.

Vor dem Nachbarflugzeug standen drei Flughafenbusse mit Passagieren, die auf das Boarding warteten. Der Kapitän raste mit Hut auf dem Kopf und korrekt nach dem Reglement im Blazer und Leuchtweste um das Flugzeug herum, und versuchte die Prozesse, die er als Büropilot mitdefiniert hatte, zu beschleunigen. Dass ihm die Übung dabei etwas fehlte erkannte JoBo an der Tatsache, dass der Büropilot keine kühlenden Getränke an die Bodenmannschaft verteilte. Denn es sind die kleinen Geschenke, die die Freundschaft und Arbeitsmoral am Leben erhielten.
Die Türe 2L war weit offen und ein Flight-Attendant stand im Durchzug und hielt zur Freude der Ramper den Saum ihres Jupes in die Höhe, in der Hoffnung etwas Kühlung zu erhalten.

Die Aussentemperatur zeigte jetzt 44°C an und die Passagierbusse warteten noch immer in der prallen Sonne. Dass die alten Dinger nicht gekühlt sind, wusste JoBo aus erster Hand. Sparmassnahmen auch beim Flughafenbetreiber. Die armen Passagiere freuten sich in der Sauna auf das kühle Flugzeug, waren aber leider auf dem falschen gebucht. Ausser JoBo hielt sich jeder an die Vorschriften und die Insassen schwitzten dementsprechend.
JoBo nahm den "Blick" zur Hand und betrachtete das junge Ding auf Seite 1, das verlegen die Hände auf den entblössten Büstenhalter hielt. Den Leuten scheints zu gefallen – Jobo auch, selbst wenn er es nie zugeben würde.

Am Funk meldete sich jemand:

"Screw 1017, are you on the Freq?"
"Yes, go ahead!"
"Willst Du nicht im kühlen Tower einen heissen Nespresso mit zwei noch heisseren Damen trinken?"
"Boarding in 15 Minutes, ich kann nicht. Übrigens, wer ist am Funk?"
"Aha, kennt seinen Schatz nicht einmal...." 
"Wünsche einen schönen Tag Katharina!"
"Und Dir einen schönen Flug nach Malpensa. Ach übrigens, ist es nicht brütend heiss in Deinem Flugi?"
"Nein, ich habe die APU gestartet."

"... und genau über diesen APU Start muss ich mit ihnen Reden, Flugkapitän Bohnenblust."

JoBo schaute zuerst nach hinten und dann nach draussen. Ein Zebra stand vor seiner Flugzeugnase und hinter ihm die Flughafenaufsicht.
"Meier mein Name, dürfte ich Ihre Personalien für die Anzeige aufnehmen?"

Wäre JoBo doch zu einem heissen TWR-Kaffee zu den noch heisseren TWR-Damen gegangen!

2 Kommentare:

  1. ...
    Dann bahnte sich eine zierliche Frau mit energischen Worten den Weg ins Cockpit frei. Trudi Gerster hatte sich über sämtliche Sicherheitskontrollen hinweggesetzt und nahm nun JoBo an ihre faltige Brust. "Keine Angst, mein Kleiner, alles wird gut", tröstete sie ihn. Kaum gesprochen, wurde Meier vom Blitz getroffen und verschwand von der Bildfläche.
    ...


    Ich bin gespannt auf den wahren Ausgang von JoBo's Sommer-Debakel.
    Grüessli, Bea

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  2. ...es geht das Gerücht, dass sich die wirklich cleveren Piloten den Nespresso auf den Flieger bringen lassen...

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