Liebe Leserinnen und Leser, ich muss sie leider enttäuschen.
Aus Katharina und JoBo wird nichts. Ein Pilot und eine Flugverkehrsleiterin,
das kann nicht gut gehen! Zwischen diesen zwei Berufsgruppen läuft es nur
reibungslos, wenn sämtliche Kommunikation in der «Standard Phrasologie»
abgehandelt wird. Langfristig führt das in Partnerschaften zu Konflikten und
Trennungen.
Heisst es in normalen Beziehungen «Schatz, könntest Du mir
ein Bier holen?», würde die Kommunikation zwischen einem durstigen Piloten und
einer Flugverkehrsleiterin um einiges sachlicher, aber dafür in
beziehungstechnischer Hinsicht schwieriger ablaufen:
«Request a beer!»
«Unable due to
traffic.»
«OK, request two beers
and chips with salsa.»
«Unable due to
traffic.»
«In this case, I have
no choice: MAYDAY, MAYDAY, MAYDAY…»
Sehen sie, worauf ich raus will? Das kann nur schief gehen.
Katharina blieb (vorerst) Single, JoBo hüpfte wenige Tage später in ein warmes
Nest. Interessanterweise lernte er die Dame wieder über das Mikrofon kennen und
interessanterweise auch am Flughafen Zürich. Eines Morgens fragte ihn eine
sympathische Stimme: «Guten Morgen Cockpit, kann ich das Flugzeug anheben?»
Sonja war eine stämmige Frohnatur aus dem Zürcher Weinland
und arbeitete am Flughafen als Push-Back-Fahrerin. Die warme und weiche Stimme
elektrisierte JoBo an diesem nebligen Morgen und brachte sein Herz zum Springen, so wie ein dreifacher Nespresso, gebraut aus schwarzen Kapseln. So quasi Liebe auf
den ersten Stoss. Beim «all clear signals received» winkte man sich zu und ein
kurzer Augenkontakt kam zu Stande. Schnell machte JoBo nach dem Flug Sonjas
Telefonnummer ausfindig und verabredete sich eine Woche später mit der Dame zum
Abendessen im Schloss Schwandegg in Waltalingen. Man entschied sich für einen
Rehrücken aus heimischer Jagd und dazu einem Flaacher Barrique Jahrgang 2006.
Zum Dessert gab es gebrannte Creme und einen Brandwein und zum Nachtisch Sex in
Sonjas umgebauten Bauernhaus mit Sicht auf den Herbstnebel im Zürcher Weinland.
Die Beziehung verlief harmonisch und stabil. Die Beiden
passten gut zueinander und waren auf dem ganzen Flughafen bald als Traumpaar
bekannt. Gemeinsame Ferien folgten und JoBo packte seine Sachen und zog vom
Weinbauort Weiningen ins Zürcher Weinland. Nach den rassigen Schlitten wie Q3
und Golf V77, fuhr er jetzt einen Subaru Legacy, der so ganz prima in den
ländlichen Teil des Kantons passte. Bereits nach drei Monaten schmiedeten sie
Hochzeitspläne und auf dem Bürotisch lagen Kostenvoranschläge für den Umbau der
Küchenkombination für geschätzte 50'000 Franken. Sonja arbeitete jetzt Teilzeit
und versuchte beide Arbeitspläne aufeinander abzustimmen.
JoBo wurde ein anderer Mensch. Junge Damenbeine unter kurzen
Röcken verloren ihren Reiz und am Abends während dem Night Stop zog er sich
gerne auf sein Zimmer zurück und las Zeitschriften wie «Landlust» und «Land und
Leute». JoBo hatte seine innere Ruhe gefunden. Er engagierte sich in der
Dorfgemeinschaft und trat der örtlichen Feuerwehr bei. Man sah ihn öfters in
karierten Hemden und Gesundheitsschuhen mit breitem Fussbett.
Nach den gemeinsamen Ferien im Südtirol fuhr JoBo mit dem
Subaru (ich bremse auch für Tiere!) in die Tiefgarage am Flughafen und suchte
einen Parkplatz. Nach gut 20 Minuten hatte er Glück, fand eine Lücke und drückte
am Lift die Taste nach unten. Schnellen Schrittes lief er zum Crew-Postfach in
der Hoffnung, kein bekanntes Gesicht zu erblicken, schliesslich hatte er sich
mit Sonja um 15 Uhr im Reformhaus in Kloten verabredet.
Mit einem Stapel Papier unter dem Arm verliess er das
Gebäude, lief zum Subaru (ich bremse auch für Tiere!) und suchte vor dem
Reformhaus einen freien Parkplatz. Heute Abend war ein Festessen geplant.
Soja-Tofu mit Seitan-Weizen-Spiesschen und zum Dessert Fruchteis mit Tofu. JoBo
hätte nie gedacht, dass die vegane Küche so gut schmecken würde.
Zuhause angekommen zog er sich kurz ins Arbeitszimmer zurück
und öffnete die Crew-Post. Neue Direktiven, Procedures und Wechsel bei den
Subalternen wurden – leider nicht auf Umweltschutzpapier – angekündigt.
Zuunterst auf dem Stapel lag eine Einladung zu einem CRM-Kurs im Jura. Goumois
hiess der Tagungsort und man werde sich dort drei Tage mit Kollegen von anderen
Firmen am Flughafen zu einem intensiven Austausch treffen mit dem Ziel, die
Arbeit zwischen den Schnittstellen zu verbessern und die Zusammenarbeit zu
stärken. Nicht schlecht, dachte JoBo, und legte den Brief auf den Stapel. Bis
zum Kurs waren es noch drei Wochen.
Drei Wochen später stand er am Bahnhof Andelfingen und
wartete auf den ankommenden Zug aus Schaffhausen. Zusammen mit einem Copiloten
der Langstrecke, bildete er eine Fahrgemeinschaft und sie nahmen den langen Weg
Richtung Westen unter die Subaru-Räder. Bei der Raststätte Kölliken-Nord
gönnten sie sich einen Kaffee und trafen auf ein bekanntes Gesicht. Jaques
Gonfler sass in einer Ecke und strahlte, als er JoBo entdeckte.
«Mon Dieu, was macht denn der Bohnenblust hier?»
«Ach der Gonfler! Arbeitest Du hier?»
«Ich nicht, aber Supaporn steht hinter dem Tresen. Ich habe
sie letzten Monat in Bangkok geheiratet und mit in die Schweiz genommen. Du
weisst ja, sonst stellt sie in Thailand mit meiner Sozialhilfe wieder Blödsinn
an.»
Das Gespräch drehte sich um alte Zeiten, noch ältere
Flugzeuge und Heldentaten, die so unmöglich stattfinden konnten. Der Copilot
drängte zum gehen, schliesslich stand noch eine lange Fahrt auf dem Programm.
Mit einer Verspätung von 23 Minuten traffen sie in Goumois
ein. Der Treffpunkt war ein Zeltplatz idyllisch gelegen am Doubs. Nicht weit
davon übten Kajakfahrer das Spiel mit dem wilden Wasser und eine deutsche
Familie versuchte mit nassem Holz ein Feuer zu entfachen.
«Nun beeilt Euch schon! Die anderen sind schon bei der
Bootsausgabe.»
«Bootsausgabe?»
«Als Einstieg machen wir einen Bootsausflug. Dabei bilden
zwei sich unbekannte Personen ein Team und teilen die zwei Nächte auch das
Zelt.»
«Campieren?»
«So, jetzt vorwärts dalli! Zum Diskutieren haben wir am
Abend Zeit. Bohnenblust, sie haben Zelt Nummer 4.»
JoBo lief zum Zelt Nummer 4. Klein, aber tadellos montiert,
das sah er auf den ersten Blick. Auf der linken Luftmatratze lag ein blauer
Rucksack und daneben verteilt eine Daunenjacke und eine Stirnlampe. JoBo zog
sich um und ihm stockte der Atem, als er zufällig das Namenschild auf dem
Rucksack sah. «Katharina von Sigriswil» stand da in grossen Lettern
geschrieben. Das konnte ja heiter werden.
Fortsetzung folgt.
..da läuft doch noch was!!!
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