Sonntag, 27. Mai 2012

das Ohr des Leader Teil 5


Blick vom Urmiberg

Unter ihnen lag der Vierwaldstättersee noch im Schatten. Die Sonne beleuchtete die Alpen an diesem Pfingssonntagmorgen und in der Ferne zeichnete ein A380 der Lufthansa einen weissen Streifen an den blauen Himmel.
In der Hütte schliefen noch alle. Nur JoBo sass mit einem dampfenden Becher Milchkaffee auf der Terrasse des schmucken Hauses und blickte hinunter nach Brunnen. Er war ein Morgenmensch durch und durch. Wenn der Tag erwachte und die Vögel mit ihrem Gezwitscher ihre Federgenossinnen zu beeindrucken versuchten, spürte JoBo seinen Geist ganz intensiv. Die stillen Momente wurden nur durch die regelmässigen Niessattacken unterbrochen. Heuschnupfen – jedes Jahr das gleiche Theater.

Unten auf dem Vierwaldstättersee hinterliess ein Fischerboot eine vergängliche Spur, oben auf dem Urmiberg frassen die Schafe das Gras von den steilen Hängen.

Die letzten Wochen waren für JoBo sehr stürmisch. Nach dem kalten Bad im Doubs ging es im Leben des Jungkapitäns eher hektisch zu.

Statt Subaru fuhr er jetzt einen Fiat 500, die Zeitschriften «Landlust» und «Landliebe» wurden abbestellt, der Arbeitsweg wurde um eine halbe Stunde kürzer, statt in einem Volg im Weinland, kaufte JoBo jetzt im Glattzentrum ein, eine Hochzeit wurde abgesagt und eine Zweizimmerwohnung gesucht. Mit anderen Worten: er trennte sich von Sonja.

Diese Traumbeziehung fand nach diesem Seminar am Doubs ein jähes Ende. Obwohl JoBo in diesem CRM-Kurs einige Werkzeuge zur Schlichtung kennenlernte, fand er kein Rezept gegen die Geschichte mit der Morgenlatte. Eine Seminarkollegin der Swissport beobachtete am besagten Morgen den Jungkapitän JoBo, wie er mit gut sichtbarer Errektion ein Zweierzelt, das er mit einer attraktiven Dame teilte, verliess und Abkühlung im kalten Doubs suchte. Per MMS wurde Sonja informiert. Diese hatte gerade einen Airbus der Air France am Hacken und stoppte nach dem Betrachten des Bildes so abrupt, dass dem Kapitän der Airfrance sein Toupet verrutschte. Dies wiederum hatte einen Rapport zur Folge, dem eine Nachbesprechung beim Chef folgte. Sonja arbeitete fortan wieder 100%, dies allerdings im Gepäckdienst.

Unnötig zu betonen, dass JoBo’s Rückkehr weniger romantisch ablief, als dies geplant war.

Die Koffer standen bereits vor der Tür und was nicht darin Platz fand, lag auf einem Haufen dem strömenden Regen ausgesetzt. Da Sonja berechtigterweise den Subaru für sich beanspruchte, nahm JoBo einen Taxi für zweihundert Franken vom Weinland nach Oerlikon, wo er temporäres Asyl in der Wohnung von Jaques Gonfler fand. Wenn sich das auch dramatisch anhört, für JoBo war es das nicht. Er genoss die neu gewonnene Freiheit, stürzte in den Freitagen ab und zu mit Gonfler ab, kaufte sich einen Cinquecento und fühlte sich zurückversetzt in seine Copilotenzeit.

Dass das Traumpaar nicht mehr zusammen war, machte auf dem Flughafen schnell die Runde. Länger als üblich wartete JoBo jeweils auf den Push-Back-Traktor und selbst die Koordinatorinnen der Swissport weigerten sich erfolgreich, mit JoBo nur ein Wort zu wechseln. JoBo kam auf die schwarze Liste und würde so schnell nicht mehr davon runterkommen.

Die Sonne schickte ihre Strahlen jetzt auch nach Brunnen runter und im katholischen Ort läuteten die Glocken an diesem Pfingstsonntag für die Handvoll Gläubigen, die statt auf den See, in die kalte Kirche pilgerten. JoBo’s Kaffeetasse war leer und er bereitete sich einen neuen Milchkaffee zu.
Er war zu Gast bei einem befreundeten Paar in ihrem Wochenendhaus. Raus aus der Hektik, rein in die Natur. Etwa so könnte man das Motto des Wochenendes betiteln.

Ins einsame Holzhaus am steilen Hang kam endlich Leben. Man hörte die Toilettenspülung und das Knarren des Holzbodens. Im Erdgeschoss lief eine Dusche und der Hausherr deckte den Frühstückstisch. Neben den vier Tellern und den diversen Esswaren wurde ein Turm von Geschenken aufgestellt. Katharina kam mit nassen Haaren um die Ecke, umarmte JoBo von hinten und gab ihm einen dicken Kuss auf den Mund. «Guten Morgen Schatz!»

Eine weitere Türe wurde geöffnet und Katharinas Freundin und Hausherrin TWRMädel kam zur Tür hinein. «Happy Birthday» wurde angestimmt und alle sangen kräftig mit. Schön, an diesem Pfingstsonntag Geburtstag zu haben!

Happy Birthday TWRMädel!


+ Fortsetzung folgt +

Montag, 7. Mai 2012

das Ohr des Leaders Teil 4

«Aber nicht diese Pfeife!»
Katharina tobte am Flussufer. 
«Nie und nimmer teile ich ein Kanu mit diesem versoffenen Bock und das Zelt schon gar nicht!»
Dem CRM-Leiter gelang es nur mit Mühe, die Flugverkehrsleiterin zu beruhigen. Ihr Kopf hatte die Farbe des roten Plastikhelms angenommen und ihr Oberkörper bewegte sich bedrohlich auf und ab. Als würde man in einer Kanukluft nicht so schon dämlich genug aussehen, stand JoBo aus Mangel an langen Neoprenhosen jetzt buchstäblich mit abgesägten Hosen da.

Das ganze Herumtoben nützte nichts, die Teams waren zusammengestellt und der CRM-Coach betonte übertrieben fürsorglich, dass die Herausforderungen des Flusses eine gute Gelegenheit wären, dass sich die zwei Streithähne etwas beruhigen und in den kalten Fluten Frieden schliessen könnten.

Der Leiter trommelte die Gruppe zusammen und gab die ersten Instruktionen. Er erkundigte sich, wer bereits Wildwassererfahrung besitze und gab Tipps, wie man sich bei Kenterungen zu verhalten habe.
Er erwähnte auch die Vorzüge der traumhaften Landschaft und las von einer der Informationstafeln ab, was eigentlich niemanden interessierte:

Am westlichen Rand der Schweiz, in einem tief eingeschnittenen Tal befindet sich eine Flusslandschaft von herausragender Schönheit und Ursprünglichkeit. Jäh bricht die malerische Hochebene der Franches Montagnes hier in steil abfallenden Bergflanken zum Tal des Doubs ab. Wegen der dünnen Besiedlung und des unwegsamen Geländes ist der Flusslauf in einem heute äusserst selten gewordenen natürlichen Zustand geblieben. Der Doubs mäandriert frei und meist gemütlich in der engen Talsohle. An wenigen Stellen zeigt er sich wilder und spritziger...

«Wenn Du in diesen drei Tagen nicht spurst, dann fahre ich Dir in die Eier wie neulich in Deine Protzkarre! Also keinen Pieps Du ärmliches Pilötchen!»

…das feuchte Klima lässt üppiges Grün gedeihen, sogar die Steine sind völlig von Moos bedeckt. In dieser fruchtbaren Idylle ist eine artenreiche Tierwelt zu beobachten. So ist der Doubs auch bei Fischern ausserordentlich beliebt.

«Fischfutter mache ich aus Dir, wenn Du mir im Zelt zu nahe kommst und wehe Du schnarchst!»

Aufgrund der strengen Naturschutzbestimmungen und Regelungen mit der Fischerei, aber auch wegen der einzelnen Stromschnellen ist eine Befahrung mit dem Kanu nur unter professioneller Führung zu empfehlen. Dieses Naturparadies ist fragil und verdient eine verantwortungsvolle Nutzung.

Endlich ging es los und die Boote wurden zu Wasser gelassen. Üblicherweise sass vorne eine Dame und hinten der Mann. Dies aus zweierlei Gründen: Erstens war der Mann in der Regel schwerer und zweites konnte der Hintere das Boot so steuern, wie er wollte. Nur im Zweier JoBo/Katharina sass die Frau hinten.

Die Fahrt begann rasant. Das Wasser schäumte und der Neoprenanzug sog sich voll Wasser. JoBo bekam eine Welle voll ins Gesicht und rang nach Luft. Die Brille erwies sich als störend und so übersah er das Drama, das sich geschätzte zwei Meter vor ihnen ereignete. Der Chefpilot und die Leiterin der Crew-Bus-Organisation, beides Alpha-Tiere, konnten sich bei einer Stromschnelle nicht über den richtigen Weg einigen und wurden quer vor einen mit Moos bewachsenen Stein gedrückt. Dass Boot kippte nach vorne und die beiden Alpha-Tiere machten Bekanntschaft mit dem 14-grädigen Doubs. Der Chefpilot schrie wie am Spiess, nicht aus Angst oder Scham, sondern weil sein firmeneigenes Handy Opfer der Fluten wurde. Die Chefin der Crew-Bus-Disposition paddelte wild mit den Armen mit dem Ziel, dass die extra für diesen Anlass gestylte Outdoorfrisur nicht ihren halt verlor. Beide Schlachten gingen verloren und zu allem Unglück fuhr der Zweiter JoBo/Katharina dem Chefpiloten über seinen gelben Helm, wovon am Abend eine ziemliche Beule davon zeugte.

Katharina schrie vor Freude, Jobo machte sich vor Angst in den Neoprenanzug, was wegen den Unmengen Wassers im Boot niemand merkte.

Müde und durchgefroren kam die Truppe vier Stunden später in Soubey an. Die Boote wurden an Land gezogen und zitternd wartete die Gruppe auf den Bus, der sie nach Goumois zurückbrachte. Der CRM-Coach überbrückte die Wartezeit damit, dass er vor dem Touristenbüro die Informationstafel vorlies. Ein Raunen ging durch die Gruppe, doch der Coach liess sich nicht beirren:

Soubey ist geprägt von der Landwirtschaft (v.a. Milchwirtschaft und Viehzucht). Auf 13,5 km2 Fläche leben lediglich 150 Einwohner. Das Gemeindegebiet umfasst einen Abschnitt des Clos du Doubs. Die Talflanken sind bis zu 500 m hoch. Dem Fluss entlang sind hier meist Auen zu finden, die 200 bis 300 Meter breit sind…

«He Coach, das interessiert doch keine Sau», rief Katharina dem Chef entgegen, «organisiere lieber eine Runde Glühwein!» Es nützte nichts:

…Die Pfarreikirche Saint-Valbert stammt aus dem Jahr 1632 und weist als einzige Schweizer Kirche nördlich der Alpen ein Dach aus Kalksteinplatten auf. Die dünnen Platten stammen aus Steinbrüchen der Region und sind ausserordentlich schwer. Die Fenster wurden von Coghuf 1962 gestaltet…

«He Pfeiffe, hast Dich gut geschlagen auf den wilden Wassern des Juras! Hast ein paar Punkte gutgemacht, Dein Saldo liegt jetzt bei Minus 5000.»

…Der Ortskern ist geprägt von den alten Häusern aus dem 17. bis 19. Jahrhundert. Wenn man die nach Sainglégier führende Strasse verlässt und beim ersten Weg links abbiegt, gelangt man zur sehenswerten Mühle aus dem Jahr 1565, wo sich heute eine Forellenzucht befindet, die auch besichtigt werden kann. Ein Spaziergang zum Kreuz oberhalb des Dorfes wird mit einer sehr schönen Aussicht über das Dorf und das Tal belohnt…

«Ich habe Aussicht auf den Bus – er kommt!» Es kam Unruhe in die Gruppe und alle liefen Richtung Bus. Nur der Coach liess sich nicht beirren und beendete die touristische Information zum einem Dorf, das niemanden interessierte.

…Empfehlenswert sind die Wander- und Bikewege entlang der Doubs-Ufer durch intakte Naturlandschaften. Der Fluss ist auch bei Kanuten und Fischern sehr beliebt.

Die Boote waren dank der Anleitung des Busfahrers schnell festgezurrt und jedermann sass an seinem Platz. Jedermann? Niemand bemerkte, dass sich der Chefpilot aufmachte, eine funktionierende Telefonzelle zu finden (falls hier unter 30-Jährige mitlesen, eine Telefonzelle war so quasi ein fest im Boden installiertes Handy mit Hülle drum und einem Gestank darin, der half die Telefonkosten auf einem niedrigen Niveau zu halten). Schliesslich wollte der Stellvertreter in Zürich informiert sein, dass der Chef, ohne den in Zürich ja gar nichts funktionierte, handylos in den Pampas verloren war.
Der Chefpilot fand keine Telefonzelle, aber eine Hausfrau, die ihn auf dem Festnetz (falls jemand nicht weiss was ein Festnetz ist, soll er sich bei Wikipedia informieren) telefonieren liess. Er informierte seinen Stellvertreter, dieser organisierte ein Taxi und ein in der nähe wohnender Kapitän versorgte den Chef mit trockenen Kleidern. Vier Stunden später sass der Chefpilot in seinem Büro in Kloten und beantwortete die ersten e-Mails.
Es dauerte geschlagene fünf Stunden, bis der erste Teilnehmer den Chefpiloten vermisste. Man informierte die firmeneigene Alarmstelle, die wiederum das Chefpilotenbüro in Kenntnis setzte, wo der Vermisste den Anruf persönlich entgegennahm. Es war noch nicht Abend, als der Kurs bereits einen Teilnehmer weniger zählte.

Der Rest des Tages bestand für die Teilnehmer aus der normalen Camping-Scheisse. Kochen auf Kochstellen, die sich fürs Kochen nicht eignen. Sitzen auf Sitzgelegenheiten, die fürs Sitzen unbrauchbar sind und Abwaschen mit Infrastruktur, die fürs Abwaschen zu umständlich ist. Danach folgte das übliche Lagerfeuer mit den üblichen Spielchen, den üblichen Geschichten und der üblichen Langeweile. JoBo hatte Glück und sass neben einem M/C, der schwarzen Afghan erster Sahne dabei hatte. Die beiden kifften sich ins Glück.
Mit Katharina wechselte er nach dem Kanuabenteuer kein Wort. Als er das Zelt Nummer vier betrat, war diese bereits in einen Daunenschlafsack eingehüllt und schlief so tief wie ein Murmeltier. Sie schnarchte leicht, was JoBo ihr am nächsten Tag sicher nicht sagen würde.

Der schwarze Afghan leistete ganze Arbeit. JoBo schlief sofort ein und verschwand im Reich der Träume.

Ein lauter Trompetenstoss gefolgt von schallendem Gelächter Katharinas folgten am frühen Morgen. JoBo war verkatert und realisierte nicht, dass das Lachen ihm galt. Unter dem Zelt Nummer vier hatte sich ein weiteres Zelt gebildet. In JoBo’s Lendengegend stand etwas senkrecht nach oben, das so um diese Uhrzeit nur senkrecht nach oben schaut, wenn Mann a) gut geträumt, oder b) noch besser geträumt hat. Zusammen mit der übervollen Blase erzeugte das einen Druck auf den Schlafsack, dass dieser unter den Kräften fast zu bersten drohte. JoBo wusste, dass nur ein schnelles Harnlassen Linderung brachte, hatte aber im besten Willen keine Idee, wie er das in dieser Zeltstadt mit offenem Pissoir anstellen sollte. Es blieb nur ein Ausweg. Jobo rannte nackt Richtung Doubs und sprang schwanzvoran in die kalten Fluten.
Katharina genoss die Szene sichtlich, betrachtete das Ergebnis nächtlicher Träume eingiebig und notierte in Gedanken einen neuen Punktestand. JoBo’s Saldo verliess mit einem grossen Sprung die Minuszone.

Fortsetzung folgt.

Der Doubs war die einfachste Lösung




Sonntag, 6. Mai 2012

das Ohr des Leaders Teil 3


Liebe Leserinnen und Leser, ich muss sie leider enttäuschen. Aus Katharina und JoBo wird nichts. Ein Pilot und eine Flugverkehrsleiterin, das kann nicht gut gehen! Zwischen diesen zwei Berufsgruppen läuft es nur reibungslos, wenn sämtliche Kommunikation in der «Standard Phrasologie» abgehandelt wird. Langfristig führt das in Partnerschaften zu Konflikten und Trennungen.
Heisst es in normalen Beziehungen «Schatz, könntest Du mir ein Bier holen?», würde die Kommunikation zwischen einem durstigen Piloten und einer Flugverkehrsleiterin um einiges sachlicher, aber dafür in beziehungstechnischer Hinsicht schwieriger ablaufen:

«Request a beer!»
«Unable due to traffic.»
«OK, request two beers and chips with salsa.»
«Unable due to traffic.»
«In this case, I have no choice: MAYDAY, MAYDAY, MAYDAY…»

Sehen sie, worauf ich raus will? Das kann nur schief gehen. Katharina blieb (vorerst) Single, JoBo hüpfte wenige Tage später in ein warmes Nest. Interessanterweise lernte er die Dame wieder über das Mikrofon kennen und interessanterweise auch am Flughafen Zürich. Eines Morgens fragte ihn eine sympathische Stimme: «Guten Morgen Cockpit, kann ich das Flugzeug anheben?»

Sonja war eine stämmige Frohnatur aus dem Zürcher Weinland und arbeitete am Flughafen als Push-Back-Fahrerin. Die warme und weiche Stimme elektrisierte JoBo an diesem nebligen Morgen und brachte sein Herz zum Springen, so wie ein dreifacher Nespresso, gebraut aus schwarzen Kapseln. So quasi Liebe auf den ersten Stoss. Beim «all clear signals received» winkte man sich zu und ein kurzer Augenkontakt kam zu Stande. Schnell machte JoBo nach dem Flug Sonjas Telefonnummer ausfindig und verabredete sich eine Woche später mit der Dame zum Abendessen im Schloss Schwandegg in Waltalingen. Man entschied sich für einen Rehrücken aus heimischer Jagd und dazu einem Flaacher Barrique Jahrgang 2006. Zum Dessert gab es gebrannte Creme und einen Brandwein und zum Nachtisch Sex in Sonjas umgebauten Bauernhaus mit Sicht auf den Herbstnebel im Zürcher Weinland.

Die Beziehung verlief harmonisch und stabil. Die Beiden passten gut zueinander und waren auf dem ganzen Flughafen bald als Traumpaar bekannt. Gemeinsame Ferien folgten und JoBo packte seine Sachen und zog vom Weinbauort Weiningen ins Zürcher Weinland. Nach den rassigen Schlitten wie Q3 und Golf V77, fuhr er jetzt einen Subaru Legacy, der so ganz prima in den ländlichen Teil des Kantons passte. Bereits nach drei Monaten schmiedeten sie Hochzeitspläne und auf dem Bürotisch lagen Kostenvoranschläge für den Umbau der Küchenkombination für geschätzte 50'000 Franken. Sonja arbeitete jetzt Teilzeit und versuchte beide Arbeitspläne aufeinander abzustimmen.

JoBo wurde ein anderer Mensch. Junge Damenbeine unter kurzen Röcken verloren ihren Reiz und am Abends während dem Night Stop zog er sich gerne auf sein Zimmer zurück und las Zeitschriften wie «Landlust» und «Land und Leute». JoBo hatte seine innere Ruhe gefunden. Er engagierte sich in der Dorfgemeinschaft und trat der örtlichen Feuerwehr bei. Man sah ihn öfters in karierten Hemden und Gesundheitsschuhen mit breitem Fussbett.

Nach den gemeinsamen Ferien im Südtirol fuhr JoBo mit dem Subaru (ich bremse auch für Tiere!) in die Tiefgarage am Flughafen und suchte einen Parkplatz. Nach gut 20 Minuten hatte er Glück, fand eine Lücke und drückte am Lift die Taste nach unten. Schnellen Schrittes lief er zum Crew-Postfach in der Hoffnung, kein bekanntes Gesicht zu erblicken, schliesslich hatte er sich mit Sonja um 15 Uhr im Reformhaus in Kloten verabredet.
Mit einem Stapel Papier unter dem Arm verliess er das Gebäude, lief zum Subaru (ich bremse auch für Tiere!) und suchte vor dem Reformhaus einen freien Parkplatz. Heute Abend war ein Festessen geplant. Soja-Tofu mit Seitan-Weizen-Spiesschen und zum Dessert Fruchteis mit Tofu. JoBo hätte nie gedacht, dass die vegane Küche so gut schmecken würde.

Zuhause angekommen zog er sich kurz ins Arbeitszimmer zurück und öffnete die Crew-Post. Neue Direktiven, Procedures und Wechsel bei den Subalternen wurden – leider nicht auf Umweltschutzpapier – angekündigt. Zuunterst auf dem Stapel lag eine Einladung zu einem CRM-Kurs im Jura. Goumois hiess der Tagungsort und man werde sich dort drei Tage mit Kollegen von anderen Firmen am Flughafen zu einem intensiven Austausch treffen mit dem Ziel, die Arbeit zwischen den Schnittstellen zu verbessern und die Zusammenarbeit zu stärken. Nicht schlecht, dachte JoBo, und legte den Brief auf den Stapel. Bis zum Kurs waren es noch drei Wochen.

Drei Wochen später stand er am Bahnhof Andelfingen und wartete auf den ankommenden Zug aus Schaffhausen. Zusammen mit einem Copiloten der Langstrecke, bildete er eine Fahrgemeinschaft und sie nahmen den langen Weg Richtung Westen unter die Subaru-Räder. Bei der Raststätte Kölliken-Nord gönnten sie sich einen Kaffee und trafen auf ein bekanntes Gesicht. Jaques Gonfler sass in einer Ecke und strahlte, als er JoBo entdeckte.

«Mon Dieu, was macht denn der Bohnenblust hier?»
«Ach der Gonfler! Arbeitest Du hier?»
«Ich nicht, aber Supaporn steht hinter dem Tresen. Ich habe sie letzten Monat in Bangkok geheiratet und mit in die Schweiz genommen. Du weisst ja, sonst stellt sie in Thailand mit meiner Sozialhilfe wieder Blödsinn an.»

Das Gespräch drehte sich um alte Zeiten, noch ältere Flugzeuge und Heldentaten, die so unmöglich stattfinden konnten. Der Copilot drängte zum gehen, schliesslich stand noch eine lange Fahrt auf dem Programm.

Mit einer Verspätung von 23 Minuten traffen sie in Goumois ein. Der Treffpunkt war ein Zeltplatz idyllisch gelegen am Doubs. Nicht weit davon übten Kajakfahrer das Spiel mit dem wilden Wasser und eine deutsche Familie versuchte mit nassem Holz ein Feuer zu entfachen.

«Nun beeilt Euch schon! Die anderen sind schon bei der Bootsausgabe.»
«Bootsausgabe?»
«Als Einstieg machen wir einen Bootsausflug. Dabei bilden zwei sich unbekannte Personen ein Team und teilen die zwei Nächte auch das Zelt.»
«Campieren?»
«So, jetzt vorwärts dalli! Zum Diskutieren haben wir am Abend Zeit. Bohnenblust, sie haben Zelt Nummer 4.»

JoBo lief zum Zelt Nummer 4. Klein, aber tadellos montiert, das sah er auf den ersten Blick. Auf der linken Luftmatratze lag ein blauer Rucksack und daneben verteilt eine Daunenjacke und eine Stirnlampe. JoBo zog sich um und ihm stockte der Atem, als er zufällig das Namenschild auf dem Rucksack sah. «Katharina von Sigriswil» stand da in grossen Lettern geschrieben. Das konnte ja heiter werden.

Fortsetzung folgt.