Sonntag, 2. September 2012

JoBo träumte

Er zuckte leicht und schlief sogleich ein. Auch die Träume liessen nicht lange auf sich warten...

JoBo trat durch ein grosses Tor in eine verrückte Welt, wo ein grosser Mann mit grossem Kopf und noch grösserem Herz an einen grossen Tisch sass und JoBo's Lebensgeschichte in ein grosses Buch eintrug.
JoBo wollte den Mann genauer kennenlernen, der seit geraumer Zeit sein Leben skizzierte. JoBo versteckte sich hinter einem Baum und beobachtete den grossen Mann mit dem grossen Kopf und dem noch grösseren Herzen genau. Er schien einen Schreibstau zu haben, er schien sich an der Geschichte die Zähne auszubeissen.
Aus der Ferne hörte JoBo ein Geschrei. Phillipe Matzenauer, ein bekannter virtueller Pilot, stürmte an den grossen Tisch, wo der grosse Mann mit dem grossen Kopf und dem noch grösseren Herzen sass, und warf ihm einen Briefumschlag vor die Nase.
"Ich habe die Lösung! So soll es in JoBo's Leben weitergehen."

Der grosse Mann mir dem grossen Kopf und dem noch grösseren Herzen nahm den Briefumschlag, öffnete ihn und las die Zeilen vorsichtig durch:


JoBo schlenderte durch die grosszügigen Terminals des Zürcher Flughafens. Eigentlich sollte er um diese Zeit bereits das Flugzeug für den bevorstehenden Flug nach Tel Aviv vorbereiten, doch war dies nicht möglich. Aufgrund eines Streiks des Bodenpersonals in Madrid hatte die Maschine zirka 2 Stunden Verspätung. Auch wenn die Piloten mittlerweile irgendwo über Frankreich den Cost Index des Airbus’ etwas raufschraubten, hatte JoBo noch mindestens eine Stunde Zeit.

„Das kann ja heiter werden“, seufzte er. Immerhin gelten die Passagiere nach TLV als nicht gerade als unzimperlich. Er suchte ernsthaft ausreden, um während des Boardings nicht beim Eingang stehen zu müssen.

„Hair-Stylist“ stand nun zu seiner linken in einem geschwungenen Schriftzug oberhalb einer elektrischen Schiebetüre. „Warum auch nicht?“, dachte er und betrat das Geschäft. Seine Haare sind in den letzten Wochen stets länger geworden und die Schläfen haben sich einige Nuancen grauer verfärbt. Genau genommen war ein Friseurbesuch schon längst überfällig, denn gemäss der „Uniform-Regulation“ im Intranet der Airline – welches den passenden Namen „S-CREW“ trug – sollte die Frisur stets so gepflegt aussehen, wie die Schuhe. Zugegeben, die grauen Schläfen bringen einem Kapitän durchaus mehr Respekt ein und zeugen von Erfahrung, doch auf den Dancefloors dieser Welt rücken Sie einen in ein schiefes Licht. Und mit JoBo’s derzeititen nachtaktiven Lebensstil erhellten sich die Schläfen rasend schnell. Die Versuche, Katharina zu vergessen, setzten ihm scheinbar zu.

„Nur kurz etwas schneiden, bitte“, sagte er zur kleinen Brunette – die vor ein paar Stunden  wohl noch eine Blondine war und ihn sogleich zu einem Sessel führte.
Kathrin wurde sie ursprünglich von ihren Eltern getauft Kathy nannte sie sich – das musste ein Omen sein. Ohne Zeit zu verlieren legte sie los: „Sind Sie zum ersten Mal hier? Normalerweise arbeite ich eben in der Filiale im Sihl-City, helfe aber in der Ferienzeit ab und zu am Flughafen aus.“ Bevor er antworten konnte folgte das nächste Thema ihres Gesprächsplans:
„Sagen Sie, was halten Sie als Kapitän davon, dass die Schweiz nun Occassions-Kampfjets aus Deutschland kaufen soll? Also ich finde, wir sollen doch jetzt den Deutschen nicht den Mist abkaufen. Irgendwas wird ja faul sein, dass diese die Jets nicht mehr wollen. Und sowieso – jetzt mit dem ganzen Steuerstreit, warum sollten wir denen was abkaufen, die nehmen ja auch alles einfach so.“
Ihm war es gerade recht, dass Sie gleich ihre Meinung kundtat – auch wenn er sie nicht teilte. Ganz nebenbei schnippelte sie gerade oberhalb der Stirn.

Und dabei geschah, was geschehen musste:
JoBo sah im Spiegel, wie ein längerer Büschel Haare plötzlich sanft auf seinen Nylon-Umhang flog und ein Stück Kopfhaut zum Vorschein kam, das nicht so leicht zu kaschieren war.
Kathy wäre am liebsten im haarbedeckten Boden versunken und versprach ihm, alles zu tun, um das Malheur zu bedecken. Der Haarschnitt ging selbstverständlich auf Kathys Kosten.
Vor dem Geschäft setzte er mürrisch seine Pilotenmütze auf, die sonst nur seinen Koffer bedeckt und welche er vor Jahren etwas zu klein gewählt hatte, weil sie ihn so grösser scheinen liess. Die Mütze würde er auf den nächsten Flügen wohl nur bei geschlossener Cockpittüre abnehmen.
An diesem Abend zog sich JoBo gleich nach dem Essen ins Zimmer zurück. Nicht einmal die Musik aus den Strassen der jungen Party-Metropole vermochte ihn an eine Bar zu locken. Mit seiner Frisur fiel es ihm schwer, sich auf der Strasse zu zeigen. In diesem stillen Moment fehlte ihm das aufmunternde Lachen Katharinas mehr denn je. Sogar ihre aufbrausende Stimme, die er jeweils hörte, wenn er seine Schuhe direkt hinter der Wohnungstür stehen gelassen hatte, fehlte ihm. Warum muss er nur ständig an Sie denken? Es fiel ihm doch auch leicht, Katharina zu vergessen – in jener Nacht im Airport Hotel in Heathrow, mit Lucienne, der Flugbegleiterin aus dem Unterwallis, die mit dem süssen Akzent.
Wie konnte er nur so blöd sein?
Wie soll er nur von ihr loskommen?
Oder zu ihr zurückfinden?

Der Wecker schrillte und JoBo wachte schlagartig auf. In der Unterhose war der Platz knapp. Was er wohl geträumt hatte? Das spielte jetzt keine Rolle, er musste nach Moskau!
Schuld an diesem Flug war nicht etwa die Crew Disco, sondern eine gewisse Carole, die (noch) nicht an JoBo Leben mitschrieb, aber viel darüber las...

3 Kommentare:

  1. Huch... dann hoffe ich mal ich krieg keinen Ärger mit der Crew Dispo (oder Disco...?!) weil ich Jobo's Plan durcheinander gebracht habe... ;-)!

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  2. Mir scheint, dass der grosse Mann mit dem grossen Kopf und dem noch grösseren Herz inzwischen echt dramatisch unterkoffeiniert ist...

    Wie sonst ist es zu erklären, dass offenbar demnächst schon wieder eine neue Dame in JoBos Leben treten oder zumindest daran mitschreiben soll?

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  3. Mir scheint, eine Rotation gen BKK scheint unausweichlich, um die dringend benötigten Funktionen des "Linkssitzers" wieder herzustellen ?
    Wie auch immer, irgendwann sind die Freitage zu Ende und JoBo muss sich wieder den Flugbegleiter(innen) dieser Airports stellen !
    ;-)))

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