«Welche Versicherung zahlt?»
«Ich bin Selbstzahler!»
«Ja aber der kam doch
eindeutig von links!»
«Ich zahle selber!»
«Das verstehe ich nicht. Ist
die Liebhaberin gefahren?»
«Nein, es ist auf dem
Parkplatz passiert.»
«Also doch Versicherung. Da
zahlt die Parkschadenhaftpflicht!»
«Nein, wie oft soll ich es
noch sagen, ich bezahle aus dem eigenen Sack?»
«Wo ist es denn passiert?»
«Hier in Dübendorf.»
«Aha, entweder im Globe oder
in der Bumsalp. Das muss die werte Gattin ja nicht erfahren.»
«Ich bin weder verheiratet,
noch gehe ich in solche Clubs. Könnten sie mir endlich den Kostenvoranschlag
erstellen?»
«Ja gut, wenn sie wollen. Die
beiden Türen muss ich ausbauen, die blaue Farbe herausschleifen – übrigens
eindeutig Nissan-Blau! – danach spachteln, schweissen, löten, spritzen,
brennen, wieder spritzen, wieder brennen und danach einbauen. 3'500 Franken
schwarz oder 4'700 Franken mit Rechnung.»
«Günstig nenne ich das
nicht.»
«Hätte die Versicherung
bezahlt, wären locker 6'500 Franken drin gewesen. Dafür hätten sie aber noch
neue Leisten und polierte Felgen gekriegt.»
«Wie lange dauert das?»
«Drei Tage, wenn sie noch 500
drauflegen bis morgen Abend.»
«Also gut, ich brauche den
Wagen sofort. 4'000 – abgemacht?»
«3'000 jetzt und einen
Tausender nach Ablieferung.»
«Wozu brauchen sie das Geld
jetzt schon?»
«Für die Irina im Globe. Im
Gegensatz zu ihnen gebe ich es zu, parkiere den Wagen aber ausserhalb der
Reichweite eifersüchtiger Damen.»
Jobo wartete im strömenden
Regen auf den Bus 760. Der Tag bei der Skyguide war ein ziemlicher Reinfall.
Zugegeben, diese Katharina hatte es ihm angetan. Wie sie diese kleinen
elektronischen Symbole gekonnt und geschickt herumdirigierte, fand er ziemlich
erotisch. Dieses dominante gepaart mit der weichen Berner Stimme löste bei JoBo
die Zunge und führte unweigerlich zum Chaos und zu einem Parkschaden von 4'000
Franken. In der neun Uhr Pause offerierte Jobo der Katharina einen
Jumpseat-Flug auf der B-737, in der Mittagspause offerierte JoBo der Katharina
das Essen und in der Nachmittagspause offerierte JoBo der Katharina einen Kurs
im Parken, und beim Rückweg erklärte er dann den Grund für den angebotenen Kurs.
Das fuhr der Dame offensichtlich ziemlich schräg ein.
JoBo’s Handy klingelte. Es
war die Carosseriewerkstatt.
«Wird es noch teurer?»
«Nein Chef, ich habe eine
Notiz gefunden. Darauf steht, dass Katharina ihn immer reinkriege, wenn nötig auch
mit Gewalt. Hey Chef, du solltest wirklich mal zur Irina ins Globe. Die macht
auch auf Domina, da musst du aber nicht bis Morgen Abend warten bis der Wagen
wiederkommt – und billiger ist es auch.»
Lachend legte der
Autospengler auf und JoBo stand wortlos im Regen.
Laut iPhone dauerte die Fahrt
mit Bus und Zug nach Weiningen eine geschlagene Stunde. Zuwenig um trocken zu
werden, zuviel um nicht über das Vorgefallene nachzudenken. Vielleicht hatte
Katharina Recht und er war wirklich langsam zu alt für solche pubertären
Machosprüche. Vielleicht hatte Katharina Recht und er sollte sein Verhalten dem
eines Kapitäns anpassen. Und vielleicht hatte Katharina Recht und er sollte
sein Frauenbild überdenken.
In Zürich Hardbrücke stieg
ein bekanntes Gesicht ein. JoBo überlegte etwas länger als sein Gegenüber. Es
war Jaques Gonfler, der auf direktem Weg auf JoBo zusteuerte.
«Guten Tag Bohnenblust. Als
ich Jungkapitän war, fuhr ich 911er und nicht S-Bahn. Naja, wenigstens 1. Klasse.
Wo soll’s den hingehen?»
«Nach Hause.»
Kürzer hätte die Antwort
nicht ausfallen können.
«Na, ist der Jungkapitän besoffen
gefahren und jetzt ist der Lappen weg?»
«Nein, der Jungkapitän ist
nüchtern von einem wilden Weib in einem blauen Nissan angefallen worden und
jetzt ist der Wagen in der Garage.»
«Ein 911er?»
«Nein, ein Golf.»
«Auch der Zweiwagen ist in
der Reparatur?»
«Ich habe keinen Zweitwagen!»
«Als ich Jungkapitän war,
hatten wir alle einen Zweitwagen. Ach, das Leben ist hart. Lass uns ein Bier
zusammen trinken.»
Zürich Altstetten stand auf
dem Bahnhofsschild, als JoBo im Schlepptau von Gonfler die S9 verliess. Das war
ganz und gar nicht Teil seines Plans, aber aus welchen Gründen auch immer, er
folgte dem Kapitän im Ruhestand willenslos.
Vorbei an der Migros liefen
die Beiden zur Badenerstrasse und unter Leitung Gonflers nahmen sie Platz am
Tresen des neu eröffneten Pizza-Blitz-Restaurants.
«Warum gerade dieses Lokal?»,
wollte JoBo wissen. «Das Bier ist günstig und in etwa einer Stunde ist hier der
Teufel los. Junge Sekretärinnen holen für die Büros Take-away Pizzen ab und da
gibt es viel zu sehen.»
JoBo hatte keinesfalls Lust
eine Stunde mit dem alten Gonfler hier zu sitzen. Aber als das erste Bierglas
geleert war und ein zweites vor ihnen stand, sah die Welt schon viel besser
aus.
«Na, wie geht’s in der
Firma?», wollte Gonfler wissen. Doch noch bevor JoBo antworten konnte, kam
Gonfler zum Thema, das ihm offensichtlich schon einige Zeit auf dem Herzen lag.
«Ich brauche deine Hilfe
Bohnenblust. Vielleicht magst du dich noch an die Sirikit aus Bangkok erinnern.
Wir hatten es gut zusammen. Unser gemeinsames Haus haben wir in Koh Samui
direkt am Strand gebaut. Ein Bungalow des Feinsten, kann ich dir sagen.
Modernste Küchengeräte, ein Flachbildschirm grösser als ein Tischtennistisch
und eine Klimaanlage, die die Eisblumen am Fenster zum Wachsen brachte. Als der
letzte Maler das Haus verliess, standen plötzlich meine Koffer vor dem Bungalow
und die Polizei begleitete mich zum Flughafen. Ich habe die Macht dieses
Weibsstücks unterschätzt. Meine Ersparnisse sind weg, meine Rente flöten. Ich
muss noch zwei, drei Mal nach Bangkok und brauche ein paar deiner verbilligten
Tickets. Reguläre Tickets kann ich mir nicht kaufen. Erstens aus finanziellen
Gründen und zweitens weil mit der Sozialarbeiter sonst die Hölle heiss macht.»
Mittlerweile standen acht
leere Biergläser auf dem Tresen und JoBo bestellte eine Funghi-Prosciutto. Die
jungen Sekretärinnen kamen in Scharen, wurden von den zwei alkoholisierten Piloten
aber nicht beachtet.
«Ich kann dir schon ein paar
meiner Tickets geben, muss dich aber darauf aufmerksam machen, dass du dich
anständig benehmen musst. Aber Hand aufs Herz Kollege, was willst du noch
ausrichten unten in Samui? Da ist nichts mehr zu holen. Diese Felle sind weg»
«Ach weisst du JoBo, wie
hat schon Woody Allen gesagt: Ein Junggeselle
ist ein Mann, der nur ein einziges
Problem hat - und das ist
lösbar. Für mich ist dieses Problem am besten und einfachsten in Thailand
lösbar.»
Das mittlerweile sechste
Bier verschwand im Bauch JoBo’s und das Niveau der Konversation sank in
gleichem Masse, wie die Lautstärke anstieg.
«So Bohnenblust, erzähle
mal von deinem Sexleben.»
«Ich habe so die Schnauze
voll von den Weibern. Machen auf Sexbombe, lassen dich aber nicht an die
Wäsche. Sie stehen auf Machos, hängt man aber einmal den Macho heraus,
demolieren sie einem deine Karre.»
JoBo bestellte die achte
Stange Bier, was ihm der Beizer aber verweigerte.
«Als lediger Kapitän habe
ich es besser bei der Umsetzung der Weisheit von Woody Allen. Kennst du die
Irina im Globe?»
Jemand klopfte JoBo auf die
Schulter. Er drehte sich um, es war Katharina.
«Du bist noch peinlicher
als ich dachte.»
Fortsetzung folgt